Donnerstag, 24. März 2011

Fünfter Erfahrungsbericht

Februar 2011

Reis, Reis, Reis oder Was ist Armut ?


Liebe Leserin,
Lieber Leser,


Ich lebe jetzt seit drei Wochen von einem Dollar am Tag. Das sind 2o Córdoba, umgerechnet ungefähr 70 Cent. Damit kann man sich hier ernähren.



Die Hälfte der Menschen hier müssen das. Dazu noch ihre Kinder zur Schule schicken, ein Haus mit Strom und Wasser bezahlen, Schuhe und Hemden anschaffen, Medikamente kaufen, leben.
Damit Du einen Eindruck bekommst wie das funktionieren kann, eine kleine Darstellung, was man hier so bekommt für 70 Cent.



Entweder
• Drei mittelgroße Honigmelonen oder
• Zwei Libra Reis (4,46 kg ist eine „ libra“; die allgemeine Maßeinheit hier) oder
• Zwei Libra Frijoles (rote Bohnen, ähneln Kidney-Bohnen, sind aber kleiner und werden hier zu jeder Mahlzeit gegessen) oder
• Drei Ananas oder
• 21 Tortillas (dünner Maisfladen)

• Eine Libra Käse oder
• Ein großer Eimer Tomaten
• 21 kleine Brote
• Zwei Frescos ( Nica-Erfrischungsgetränk)

Natürlich ist unser Versuch nicht authentisch, weil wir uns schon im Januar eine neue Gasflasche zugelegt haben, das Haus bezahlt bekommen und auch Einrichtungsgegenstände finanziert werden. Normalerweise würde in einem Haus, in dem wir zu dritt wohnen, eine mindestens acht-köpfige Familie leben.

Unsere Regeln sind einfach: Wir drei werfen pro Tag 15 Córdoba zusammen, um davon Essen und alles nötige wie Klopapier, Zahnpasta, etc. zu besorgen. Die fünf Córdoba, die dann noch bleiben, sind für den täglichen Luxus eines jeden, wie Cyber (Internetcafé) oder –wenn man zwei Tage spart- sogar einen Fresco für 10 Córdoba !

Zunächst ein Paar Eindrücke aus der harten Zeit des Verzichts…

Tag 1: Alles klar soweit. Wir waren auf dem Markt einkaufen. Nur die Früchte und das Gemüse, die gerade Saison haben und billig sind. Also gibt`s massig Tomaten, Paprika und Honigmelonen. Die Plátanos (Kochbananen) bekommen wir günstiger, wenn wir nach den Früchten fragen, die schon etwas älter sind und sich sowieso nicht mehr lange halten würden.




Wir bringen sehr viel Reis, Bohnen und Plátanos mit nach Hause. Jetzt wird mal viel nach Nica-Art gegessen: Gallo Pinto (Reis mit Bohnen) dreimal am Tag. Das macht satt und unser Freund Marcelo schwört, dass er nicht –so wie wir armen Deutschen- ohne dieses Gericht leben könnte…

Tag 5: Ach ja…Wie schön wäre es jetzt noch einen schönen Avena -Fresco (Getränk aus Haferflocken, Milch, Wasser und viel Zucker-> siehe rechts) zu schlürfen…Aber nein! Ich möchte Morgen noch mit meiner lieben Nina skypen…Schau gar nicht erst hin…

Tag 11: Ich lebe bewusster. Man kann auch langsam essend satt werden. Fühlt sich auch besser an als Fressorgien. Schokolade ist kein Grundnahrungsmittel. Ich dusche mit sieben Litern Wasser und werde sauber.



Bewusst Geld auszugeben ist schön. Ich merke wie viel Geld ich mal einfach so ausgeben würde, ohne groß darüber nachzudenken: Hier mal ne Stunde ins Cyber, dann mal kurz mit dem Bus am Wochenende wegfahren, eine Packung Kekse…
Es ist hart nicht immer so viel Geld zur Verfügung zu haben wie man will.
Langsam kann ich mich, wenigstens ansatzweise, in die Leute hier hinein fühlen. Meine Freundin Masis aus Managua (30 km von hier) verstehen, wenn sie sagt, dass sie erst wieder im nächsten Monat vorbei kommen kann.



Sie arbeitet in einer Textilfabrik und sitzt acht Stunden am Tag an der Nähmaschine, um Kleidchen und BH`s zu nähen. Sie bekommt dafür pro Tag 100 Córdoba (ca drei Euro). Das ist ein normales Gehalt. So viel verdient man auch als Koch oder Haushaltshilfe. Das ist die Wirklichkeit hier.
Natürlich gibt es auch andere Berufsgruppen, die mehr Geld bekommen, aber das steht noch lange nicht im Verhältnis zu den Kolonnen von ausgemergelten Frauen, die Kaugummis und Zigaretten für einen Córdoba (ca. drei Cent)
verkaufen. Zu den Scharen von Kindern, die mit zerrissener Schürze und leerem Blick, sich heiser schreiend, versuchen Frescos an den Mann zu bringen.



Die glücklichen unter ihnen gehen morgens zur Schule und stehen nachmittags auf dem Markt. Der Rest muss die fünf kleinen Geschwister und den ewig betrunkenen Vater mitversorgen.
Rechts der Eismann fährt mit seinem Wagen Tag für Tag durch die Gassen. Er klingelt stetig mit seinen Glöckchen, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich bin mir nicht sicher wie viel Geld er abends nach Hause bringt, da er ein Eis für 30 Cent verkauft…

Tag 21: Wir können den Reis nicht mehr sehen. Die Nicas essen dreimal am Tag Reis mit Bohnen. Ich muss sagen, dass ich es immer leckerer finde und mir Mahlzeiten ohne die weißen Körnchen schwer vorstellbar geworden sind. Trotzdem leisten wir uns heute (ein einziges Mal) Nudeln.

Tag23: Ich wurde zum Essen eingeladen! Schon zum wiederholten Male…das verfälscht meinen Versuch natürlich. Es ist auch ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass die Leute mich einladen, weil sie mich besonders interessant finden. Ich bin eine Chela (von leche-Milch; eine Weiße). Eine Attraktion, die man nicht alle Tage zu Gesicht bekommt!

Auch die Männer flirten fast ausnahmslos mit uns Chelitas. Wir sind spannend, weil wir aus einer anderen Welt kommen.
Und auf der Straße wird allen Frauen sowieso in den verschiedensten Tonarten hinterher gepfiffen. Das geht soweit, dass die Taxis sogar statt einer normalen Hupe einen Ton von sich geben, der ein anzügliches Pfeifen imitiert…

Im ersten Monat habe ich gar nichts verstanden und dachte, dass ich bei Rot über die Straße gefahren wäre als mich ein Taxi anhupt. Verstört schaue ich mich um. Bin ich jetzt an nem Verkehrschaos schuld? Der rundbäuchige Taxifahrer mit der Glatze lächelt mir freundlich zu und winkt.
Also, anscheinend wollte er der Weißen mal „Hallo“ sagen…Merkwürdig anders!

Fazit des Versuchs: Ich kann gut mit weniger Geld leben und mich schnell an einen anderen Standard gewöhnen. Trotz allem bedeutet es Einschränkungen für mich, die ich den „Luxus“ mein ganzes Leben lang genossen habe. Die Erfahrung war wunderbar und fast zuckerfrei, obwohl sie in einer Familie hier wahrscheinlich authentischer gewesen wäre.



Unsere prachtvolle WG und mein Zimmer, in dem normalerweise mindestens zwei Kinder mit Oma schlafen würden. Mit den Holzbalken, die an der Wand lehnen haben wir mittlerweile drei Regale gebaut!





Ich bin eine verwöhnte Göre



Es ist absurd für Oskar, einen 50-jährigen Bekannten von uns, dass wir alleine ohne unsere Eltern in einem fremden Land leben. Vorsichtig fragt er mich: „Lieben dich deine Eltern nicht oder warum lassen sie dich fort gehen?“ Und immer steht die Frage im Raum, wie man es sich in unserem Alter leisten kann, ein Jahr hier zu verbringen. Hier ist es einfach nicht möglich nach dem Abi von zu Hause auszuziehen, um in einer fremden Stadt das zu studieren, worauf man Lust hat.


Meine Freundin Keyla erklärt mir: “ Maja, ich muss im Moment arbeiten, damit ich mir das Studium finanzieren kann. Ich arbeite jeden Tag mindestens acht Stunden und bin am Abend so fertig vom Nähen mit der Nähmaschine, dass ich keine Energie mehr für irgendetwas anderes habe. Nächstes Jahr möchte ich Medizin studiere.Doch dafür muss ich jeden Monat mindestens 120 Dollar bezahlen.
Ich hoffe, dass ich bis dahin genug gespart habe und mit meiner Arbeit alles finanzieren kann.Es ist ganz klar, dass viele Jugendliche ausziehen wollen, aber das eght einfach nicht! Wie soll ich denn das Studium und dann noch ein Haus und mein Essen bezahlen?
Ich denke, dass ungefähr 70 % der Leute in unserem Alter aus diesem grund zu Hause bleiben. Andere 30 % machen das, weil sie sich um ihre Familie, sei es ihre kranken Eltern oder die fünf kleinen Geschwister, kümmern müssen oder wollen. Nur ganz reiche oder Stipendiaten können sich etwas anderes leisten. ”


Es gibt viele solcher Beispiele. Mir wird klar, was ich für ein Glück habe auf der anderen Seite der Erdkugel geboren zu sein. Was Luxus ist. Und was Reichtum bedeutet. Was es bedeutet in einem Industrialisierten Land zu leben, der dazu auch noch ein Sozialstaat ist!


Es heißt, dass ich –ganz egal wie viel Geld ich habe – so unglaublich viele Chancen habe!


Machen kann, was ich möchte. Studieren, wenn ich genug Köpfchen habe. Der Staat gibt mir Geld, wenn ich meinen Job verliere.Bezahlt mir sogar noch Kurse und schickt mir eine grellgeschminkte Sachbearbeiterin,die sich liebevoll mit Exelkurs und Fahrtkostenerstattung um meine Selbstverwirklichung kümmert. Und dann kriege ich auch noch alles bezahlt, was ich sonst noch so brauche : Wohnung, Essen,Klassenfahrten... In Deutschland muss keiner auf der Straße leben!



Der großzügige Papi Staat päppelt alle noch so verirrten und postpubertären Schäfchen auf, damit sie nicht Hunger leiden müssen und es ihnen gut gehen kann.
Die Nicas haben einen totalitären-laisser-faire Staatsmacho bei dem eine andere Devise zählt: Si no trabajo, no como! (Wenn ich nicht arbeite, esse ich nichts!)

Selbst ist der Mann.Du schaffst das schon mein Kindchen- Ich habe leider gerade keine Kohle für dich! Schon angelegt für mich selbst und meine Ländereien . Nix da mit Bafög, Hartz I bis IV, Kindergeld? Was? Ihr kriegt Geld für jedes Kind? Und dabei habe ich ihnen noch nicht mal gesagt, dass sie mit dem Kindergeld, was der Staat großzügig an alle verschenkt, die ganze Familie versorgen könnte...


Ich fühle mich schlecht. Priviligiert.Womit haben ich es verdient und sie nicht?
Wird gerade Geld für meinen Dienst hier verschwendet oder hat es wirklich einen Sinn, das sich mich als ein Alien aus einer fremden Galaxie an der Armut und dem Leid der Menschen hier weide? Das Gefühl klemmt mir unangenehm die Luft ab. Ich schlucke.


Da stehe ich in der Hütte von meinen Theaterkindern, die aus nichts als Holzbrettern und ein bisschen Wellblech besteht und die Mutter schenkt mir die ersten, frischgeernteten Plátanos (Kochbananen). Sie lächelt mit fauligen Schneidezähnen: “Danke,dass ihr hier seid und mit den Kindern so ein schönes Theaterstück geprobt habt.”




Auf diesem Foto sieht man links Nehemias (10), ein talentierter Junge aus dem Theaterkurs, seine Oma in der Mitte und seine Cousine Nayeli (9) rechts.


Sie stehen vor dem Haus, das aus altem Wellblech und Holzplanken selbst zusammen gezimmert ist.










Auf dem folgenden Bild ist der Hof der Familie. Eine normale Dusche der Leute auf dem Land ist (links im Vordergrund) zu sehen: Vier Holzpfähle mit einer dunklen Plastikplane. Geduscht wird mit einem Eimer Wasser, aus dem man sich mit einem Schüsselchen übergießt. Fließendes Wasser und Strom ist eine Illusion. Hinter der Dusche ist die Latrine: Ein Betonkubus mit blauem Vorhang. Wasserspülung gibt es nicht. In den Fässern wird Trinkwasser gelagert.Ein gerupftes Huhn hüpft laut zeternd über den Hof. Das Hauschwein hält Siesta im Staub.


Nayeli wird von ihrer Großmutter aufgezogen, weil ihre Mutter in Panama arbeitet. An Weihnachten und über Ostern kommt sie nach Hause. Nayeli erinnert sich schon nicht mehr daran, wann sie zuletzt da war. Es ist hier oft so, dass die Großeltern ihre Enkel versorgen, weil die Eltern arbeiten müssen oder das Kind abgeschoben haben. “ Mama”, sagt meine Freundin Emy zu ihrer Großmutter.




Jeder fünfte Nicaraguaner arbeitet in Costa Rica, um Geld nach Hause zu schicken. Der reiche, boomende Nachbarstaat verkörpert den (Centro) American Dream für die Nicas. Die Realität sieht leider oft anders aus: Als billige Arbeitskräfte wird so mancher ausgebeutet und offene Diskriminierung gegen die “minderbemittelten Arbeitstiere, die Jobs klauen” ist an der Tagesordnung. Doch wer es mit seiner Familie bis dorthin geschafft hat, wird von der Verwandtschaft bewundert. Eine Bekannte erzählt: “Mein Bruder lebt seit vier Jahren in Costa Rica. Wenn er uns mit seinen zwei Töchtern besucht bringt er unglaublich viele Geschenke mit und ist großzügig. Er verdient so viel Geld dort! Sie haben sogar schon ein eigenes Haus gekauft.”



Der Drang zu schreien, laut die ganze Ungerechtigkeit herauszubrüllen, wechselt sich ab mit einer bodenlosen Traurigkeit. Meine erstickten Tränen werden bedeckt von einer Dankbarkeit, die ich nicht auszudrücken vermag.Diese Menschen haben so verdammt wenig und sind trotzdem so unglaublich herzlich. Das ist das, was ich auch schon vor meinem Jahr immer mal wieder gehört hatte.
Hier rechts sieht man die Kochstelle der Familie.Es wird auf offenem Feuer gekocht. Die Kinder gehen auf das Feld und suchen Das Holz.

Die armen Menschen sind viel großzügiger und menschlich noch intakt. Doch wie schön und ehrlich es eigentlich ist, das konnte ich nicht wissen.
Ich schäme mich für meinen Geiz. Für mein Heimatland. Wir haben so viel Geld! So viel... aber noch nie habe ich einen Ausländer, den ich auf der Straße kennen gelernt habe, einfach mal so zum Essen eingeladen. Ich hätte ihm auch nicht das beste Essen serviert für das sich meine Familie in Heimarbeit die Finger wundschürft.




Fremdschämen für die eigene Kultur

Warum sind wir Deutsche so?
Warum sorgen wir uns, ob das Auto des Nachbarn teurer ist, statt ihn zu fragen , wie es ihm geht? Warum haben wir Angst, dass wir es uns eines Tages nicht mehr leisten könnten, dann einen neuen Fernseher zu kaufen, wenn wir das möchten? Warum arbeitet jemand den ganzen Tag, wenn er zu essen und ein Dach über dem Kopf hat, statt mit seinem zehn-jährigen Sohn ein Baumhaus zu bauen? Um die dritte Playstation finanzieren zu können?
Mir wird übel.
Die Welt ist so absurd! In meinem Kopf herrscht Chaos...Mein normales Leben, dass ich so schön mit allem Luxus ausgefüllt habe, scheint mir unwirklich.Wie normal doch die Wasch- und Spülmaschine, ein Computer mit Internet, Auto, ein Herd (!) sein kann.



Und es hallen die Worte meiner kleinen Schwester in meinem Ohr: “Die Mama hat mich letztens vor meinen Freunden abgeholt. Unser schrottiges Auto war mir so peinlich, das glaubst du nicht!”
Ja, ich glaube es dir echt nicht (mehr)...Hier haben nur die 3% reiche Bevölkerung ein Auto.Das sind dann superdicke, glänzende Pick-ups, die die Pferdewagen und dürre Omas mit Handkarren (doppelt so groß und schwer wir sie selbst) von der Straße drängen.
Am Freitag habe ich einen normalen Familienwagen gesehen, den eine Otto-Normalverbraucher- Familie in Deutschland hat. Ein sonnenbebrillter Familienpapi lässt das Fenster herunter, die Kinder quängeln auf dem Rücksitz. Ich stehe wie angewurzelt da: Was für ein gewohnt-grotesker Anblick! Maja, das hast du doch in Deutschland täglich gesehen! Stimmt, aber hier zum ersten mal seit einem halben Jahr...Wie mechanisch wandert mein Blick auf das Nummernschild: Costa Rica.
Aha! Ich bin hin und hergerissen zwischen trauriger Erleichterung und absoluter Verwirrung. Traurig-erleichtert, weil ich schon dachte, dass das eine Nica-Familie sein könnte und das einfach nicht sein kann! Gleichzeitig verwirrt, weil mir klar wird, dass eine Familie mit Kindern es sich einfach nicht leisten kann, so ein Auto zu fahren! In Deustchland ist es sehr merkwürdig, wenn eine Familie kein Auto hat.



Keiner der Nicas in unserem Alter hier, den ich kenne, hat einen Führerschein. Kein einziger! Wie viele meiner Freunde in Deutschland haben einen? Alle! Mein Gewissen ist nun völlig am Toben. Wie Welt ist grausam. Theodizée zerrt an mir.



Doch gleichzeitig ist mir auch klar, dass Nicaragua das Land ist, in dem Milch und Honig fließen. Natürlich herrscht hier eine andere Mentalität. Die Menschen sehen vieles lockerer. Wenn mal etwas nicht nach Plan läuft, geht keiner auf die Barrikaden. Die Nicas finden sich mit unglaublich wenig ab. Unpüktlichkeit wird als Charakeristik kultiviert. Komm ich heut nicht, brauche ich auch Morgen nicht zu kommen. Sorge dich doch nicht, es wird alles gut!

Gleichzeitig ist (intrafamiliäre) Gewalt, Alkoholismus und Arbeitslosigkeit alltäglicher Teil jeder Familie. Fast alle meiner Freunde hier erzählen, dass der Vater, der Onkel oder ein anderes Familienmitglied Alkholiker ist oder aufgrund Leberzerrose schon nicht mehr unter uns weilt. Ein anderer Punkt: Viele Mütter wurden von ihrem Mann mit einem Haufen Kinder sitzen gelassen. Der Schuhmacher mit den dunklen Augenringen erklärt mir: “Vertraue den Männern hier nicht. Sie sind wie Kaninchen und lassen die armen Frauen einfach sitzen. Mein Cousin hat acht Kinder überall verstreut in Masaya. Im Moment sind zwei seiner Liebschaften schwanger...Leider sind die Frauen genauso untreu!”


Tatasache ist, dass es oft nicht soweit kommt, dass der Vater vor Gericht kommt und Unterhalt zahlen muss. Oft ist nämlich keine Geburtsurkunde vorhanden, somit kann dem Vater auch nichts bewiesen werden. Der Vater meiner Gastgeschwister zum Beispiel hat noch nie auch nur das wenigste in seine Kinder investiert. Doch da die Mutter ihn nicht mehr wieder sehen will, exitieren die beiden Kinder praktisch nicht, da die beiden Eltern nie zusammen vor Gericht waren.
Alles in allem kann ich sagen, dass mir viele Aspekte der Kultur gefallen. Mir scheint, dass die Armut eine gute Lehrerin ist. Leider fehlt der demokratische Part und zu viele fallen ihrem grausamen Rohrstock zum Opfer. Trotzdem merke ich auch immer mehr, wie deutsch ich eigentlich bin. Mir wird klar, dass die deutschen Tugenden wie Ordenlichkeit, Pünktlichkeit und Disziplin auch schöne Seiten haben!

Fünf Dinge, die ich gelernt habe:
1. Mein Stolz ist ein fiese Kreatur, die zu oft Schaden anrichtet
2. Das Leben ist schön
3. Jeder kann Jonglieren! Es ist eine Frage der Übung.
4. Spanisch ist echt einfach
5. Eltern haben unglaublich viel Verantwortung



Ich freue mich auf viele Fragen, Kritik, Kommentare und jede andere Form von
Feedback zu meinem Bericht .
Besonders auch ganz altmodisch per Post!
Worauf sollte ich noch in meinen Berichten eingehen? Was fehlt? Was interessiert Dich am meisten?

Liebe Grüße,
muchos besos

Maja